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“Jeder kann Dokumentarist werden” Post2PDF

Ein epd-Interview von Fritz Wolf mit “Hier und Heute”-Redaktionsleiter Maik Bialk

Frankfurt a.M. (epd). Die Reportagen “Hier und Heute unterwegs” laufen seit 35 Jahren am Vorabend im WDR. Die regionalen Reportagen und Dokumentationen, ein Ableger der Magazinsendung “Hier und Heute”, stehen nicht gerade im Blickfeld der Fernsehkritik und sind doch ein Stück interessanter Fernsehgeschichte. Am 1. Dezember sendete “Hier und Heute” den 5.000. Film. Seit Januar 2011 leitet Maik Bialk (38) die Redaktion von “Hier und Heute”. Er war zunächst freier Autor für Reportagen und Dokumentationen und absolvierte ab 2003 ein Regie-Studium an der Filmakademie Baden-Württemberg. An der Akademie entstanden die Filme “Gysi und ich” und der Abschlussfilm “Die Maßnahme”, der 2009 mit dem Deutschen Nachwuchspreis “First Steps” ausgezeichnet wurde. Fritz Wolf sprach mit ihm über die Entwicklung des dokumentarischen Arbeitens.

epd: “Hier und Heute” hat am 1. Dezember die 5.000. Sendung ausgestrahlt. Ihr stellt einige Filme aus den letzten 35 Jahren ins Netz. Nach welchen Kriterien habt ihr ausgewählt?

Maik Bialk: Am Anfang stand die Frage, was man mit einem solchen Jubiläum anfängt. Dass es jetzt 5.000 Sendungen gibt, das bedeutet für den Zuschauer wenig. Das ist vor allem etwas für die Redaktion und für den Sender. Man kann zurückschauen und sich fragen, wie wir wurden, was wir sind. Eine klassische Jubiläumssendung, eine Nacht der Redaktion oder einen Zusammenschnitt - das haben wir als nicht zeitgemäß empfunden. Wir wollten aber aus der Geschichte etwas lernen. Also keine Leistungsschau präsentieren, sondern die Frage aufwerfen: wie sah Fernsehschaffen in diesen Jahren aus? Welche dokumentarischen Methoden gab es? Wie dokumentarisch war es überhaupt? Welche Haltung war spürbar? Welche Themen waren bedeutsam? Und das war tatsächlich erhellend.

Mir sind zwei Filme sehr aufgefallen, einer über die Wende in Leipzig von 1989 und ein Film über die Proteste gegen die Stilllegung des Kruppwerks in Duisburg-Rheinhausen von 1987. Das waren Filme, die sich direkt unter den Menschen bewegten. Wie sehen Sie das von heute aus?

Bialk: Tatsächlich hat mich das beeindruckt: die Filme sind sehr unmittelbar. Sie sind getragen von dem Wunsch, wirklich zu dokumentieren, was man in diesem Moment wahrnimmt. Das ist zwar stark über Interviews erzählt und weniger über Bilder, aber mich beeindruckt die Bereitschaft, sich auf Wirklichkeit einzulassen. In Leipzig fängt der Film ja geradezu damit an. Die Macher sagen, eigentlich wollten wir einen anderen Film machen, nun sind wir aber durch die Stadt gestromert und mussten feststellen, die Wirklichkeit ist eine andere. Also machen wir auch einen anderen Film.

Im Rheinhausen-Film sieht man zum Beispiel, dass die Protagonisten noch nicht so mediengeschult sind. Sie stehen oft ungeschickt im Bild herum. Es ist gerade lehrreich, weil es so ungeschickt ist.

Bialk: Man kann im Bogen dieser 35 Filme sehen, wie Menschen sich unterschiedlich zu Medien verhalten. In den ersten Filmen sieht man eine Mischung aus Ehrfurcht und völligem Unverständnis davon, wie Bilder wirken. Das gilt auch für Prominente. Zum Beispiel der Film über die Rockgruppe BAP in der DDR. Hier trifft man auf Wolfgang Niedecken, der das Gegenteil eines glatten Promis ist. Was er in diesem Film sagt, würde heute kein Popstar jemals sagen. Man sieht aber über die Jahre eben auch, wie die Menschen medienerfahren werden und man viel größere Schwierigkeiten bekommt, Wirklichkeit abzubilden.

In 35 Jahren stecken viele Traditionen. Woran lässt sich anknüpfen? Was ist eine Sackgasse? Was hat sich überlebt?

Bialk: Ich glaube, dass das Konzept des Reporters vor Ort tendenziell der Vergangenheit angehört. Auch mit Gesprächen und Interviews kommt man der Wirklichkeit nur noch begrenzt nahe. Heute sind sich alle über die Wirkungsweise etwa von Interviews bewusst. Für mich sind aus der Rückschau drei wichtige Aspekte hängen geblieben. Erstens kann man lernen, sich auf die Ambivalenz von Wirklichkeit stärker einzulassen, auf das, was man wirklich vorfindet. Wir haben da die Spontaneität ein Stück weit verlernt. Das zweite ist die Frage, wie man heute eigentlich Unmittelbarkeit erreichen und der Wirklichkeit deutlich näherkommen kann. Wir haben das in den letzten Jahren ästhetisch probiert, über wirkungsstarke Bilder. Inzwischen glaube ich, drittens, dass uns ein grundsätzlicher Umbruch bevorsteht. Dieser Umbruch kommt durch das Handy. Hier finde ich die Unmittelbarkeit wieder. Das Handy wird zum entscheidenden dokumentarischen Mittel. Das Neue ist ja, dass jeder zum Dokumentaristen werden kann. Viele haben sogar eine große Lust, das zu tun, auch wenn die Ergebnisse oft nur Nabelschau sind. Aber ich bin davon überzeugt, dass mit dem Handy eine andere Form des Erfassens von Wirklichkeit möglich wird. Damit wird sich auch die Rolle der Autoren verändern.

Wenn also nicht mehr der “Reporter vor Ort”, wer dann?

Bialk: Der Mensch selber. Ja. Ich sage das mit aller Vorsicht: der Mittler, der vor Ort geht und der die Bilder macht, der wird möglicherweise verschwinden.

Was wird dann aus dem Autor?

Bialk: Er tritt zurück in die Rolle des Gestalters. Vielleicht besser in die Rolle des Sammlers und Kurators.

Das hat aber das Potenzial einer großen Kränkung.

Bialk: Der Autor wird nicht verschwinden. Es braucht immer noch jemanden, der ein Projekt führt, der die Rolle des Dramaturgen einnimmt, der Bilder in Sinnzusammenhänge setzt. Das wird Exklusivwissen bleiben.

Und wer organisiert die Bilderproduktion?

Bialk: Das wird die Rolle der Redaktion werden.

Wie sieht das bei “Hier und Heute” praktisch aus?

Bialk: Wir sind bei den ersten Gehversuchen. Wir haben bisher zwei Reportagen produziert, die auf Netzmaterial basieren, teilweise auf Handybildern, teilweise auf Material, das wir im Netz gefunden haben. Im nächsten Jahr werden wir beginnen, Filme aus Handymaterial zu bauen. Dabei ist mir aber wichtig: es geht nicht um Einsparung. Es geht einzig und allein um die Frage, wie man heute der Wirklichkeit nahekommen kann.

Aber billigeres Produzieren ist doch mindestens ein Nebeneffekt?

Bialk: Ich sehe im Moment nicht, dass die Produktion günstiger wird, wenn man diese Arbeit ernst nimmt. Die Kosten verschieben sich hin auf die Bearbeitung. Erzählerische Qualität wird immer ihren Preis haben.

Haben Sie Vorbilder, nach denen Sie sich richten?

Bialk: Das Vorbild ist das Netz, sind die Streifzüge im Netz. Im Fernsehen sehe ich davon wenig, im deutschen Fernsehen so gut wie gar nichts, von ein paar ambitionierten Einzelprojekten abgesehen. Bei dem im Aktuellen verwendeten Handymaterial geht es in der Regel um Geschwindigkeit. Bilder eines Ereignisses werden schneller ausgestrahlt. Mir geht es vor allem um die Unmittelbarkeit und um die Annäherung an die Wirklichkeit. Das Handy ist da für mich eine mögliche Form, Web-Dokus eine andere. Aber es ist vor allem das Handy, das einen massiven Umbruch im dokumentarischen Schaffen auslösen wird.

Nun ist “Hier und Heute” auch ein eingeführtes Programm mit einem gelernten Publikum. Macht es Experimente mit? Welche Erfahrungen machen Sie?

Bialk: Das Publikum läuft jedenfalls nicht in Scharen weg. Auch bei den experimentelleren Projekten gab es eine immer noch nennenswerte Größe von Zuschauern. Im Schnitt verliert man vielleicht zwei Prozent Marktanteil. Aber in der Redaktion verbieten wir es uns zunehmend, auf die Quote zu gucken. Die Frage, ob etwas quantitativ erfolgreich ist, hilft uns an dieser Stelle nicht weiter. Natürlich wollen wir mit unseren Filmen erfolgreich sein. Wir wollen möglichst viele Menschen erreichen, dafür investieren wir Geld und Energie. Wir müssen jetzt aber bewusst aushalten, dass wir in eine Phase des Ausprobierens treten und auch Scheitern einkalkulieren. Wir müssen uns Zeit nehmen, Erzählweisen auszutesten, unabhängig davon, ob sie quantitativ erfolgreich sind oder nicht. Entscheidend ist, dass wir offen alles Mögliche ausprobieren. Wir machen das aber nicht blindlings, sondern versuchen, kontrolliert zu testen. Kann man einen Film ohne Kommentartext im Vorabendprogramm senden? Offenbar ja, die Reaktionen waren nicht heftig. Kann man einen Film senden, der nur mit Schwarz-Weiß-Bildern arbeitet? Kann man einen Film senden, der nur aus Handymaterial besteht? Wir hatten einen solchen Film zum Thema der schweren Unwetter zu Pfingsten und der war genauso erfolgreich wie andere Filme. Wir hatten Beschwerden erwartet, aber es kamen keine.

Den meisten war das in diesem Fall vertraut. Sie sind selbst an diesem Tag mit ihren Handys herumgerannt und haben die gestürzten Bäume gefilmt.

Bialk: Ich denke, dass die Menschen da draußen teilweise weiter sind als wir hier drin.

Wie ist das aber bei Themen, die nicht wie Unwetter über uns kommen, sondern die Sie organisieren, die Sie behandelt sehen wollen. Wie wollen Sie da vorgehen?

Bialk: Der erste Schritt war die Erkenntnis, dass es viel interessantes Material gibt, das nicht von Fernsehsendern produziert wurde. Und zwar nicht nur spektakuläre Bilder, sondern sehr subjektive und persönliche Bilder und Szenen. Das Dokumentieren findet statt, ohne dass wir es vorher anregen. Es gibt natürlich auch Projekte, wo man die Menschen auffordert, zu diesem oder jenem Thema etwas zu filmen und dann zur Verfügung zu stellen. Aber der Paradigmenwechsel besteht darin, dass das Dokumentieren ohnehin stattfindet. Es liegt an uns, ob wir es in einen filmischen Zusammenhang setzen. Das kratzt natürlich an unserer Rolle und wenn man den Gedanken zu Ende denkt, kann man sich fragen, inwieweit es uns dann immer noch braucht.

“Hier und Heute” sendet in zwei Formaten, wochentags gibt es 15-Minuten-Filme, am Samstag halbstündige Reportagen. Finden die Experimente vor allem im längeren Format statt?

Bialk: Das war in den letzten Jahren so. Aber das Denken in Sendeplätzen wird sich verändern und ich möchte es auch verändern. Wir müssen in Projekten denken und nicht von der Frage her, dass man einen Sendeplatz füllt. Auch die Profile von Sendeplätzen werden bereits in wenigen Jahren kaum eine Rolle mehr spielen. Die Zuschauer entscheiden selbst, was sie wann und in welchem Medium sehen. Für dokumentarische Arbeit ist das toll, wenn es keine Rolle mehr spielt, wann ein Film ausgestrahlt wird. Es hebt einen Wettbewerbsnachteil von Dokumentarfilmen weitgehend auf. Wir haben ja in den letzten zehn Jahren erlebt, dass sie tendenziell an den Rand und auf unattraktive Sendeplätze verdrängt wurden.

Wie steht der Sender zu diesen Plänen und Überlegungen? Fernsehsender sind ja per se keine innovativen Organisationen.

Bialk: Ich erfahre große Unterstützung dafür, etwas auszuprobieren. Das liegt wohl auch daran, dass im Moment niemand so recht weiß, wie die Zukunft aussieht und niemand so ganz genau bestimmen kann und will, was richtig und falsch ist. Ich nehme das als Ermutigung, so weiterzumachen.

Verändert sich mit solchen Experimenten nicht auch die Arbeit in der Redaktion, die ja in vorhandenen Strukturen arbeitet?

Bialk: Ich versuche, Strukturen so zu verändern, dass sie Veränderung ermöglichen. Ich habe das Modell einer Garage vor Augen, in der Produkte entwickelt werden.

In Garagen wurde die neue Computer- und Netzwelt entwickelt.

Bialk: Ja, in Garagen wurden Betriebssysteme entwickelt, wie Microsoft. Für uns bedeutet das: wir müssen starre Strukturen auflockern und beweglicher werden. Wir müssen die Fenster aufmachen und Frischluft in die Strukturen und in uns selbst lassen. Frischluft heißt: andere Ideen, andere Menschen, andere Sichtweisen. Wir müssen junge Nachwuchsautoren ins Haus holen, und zwar nicht, damit die lernen, wie es richtig geht, sondern damit wir lernen, wie sie Wirklichkeit erzählen wollen. Und wir müssen unsere Arbeitsweisen weg vom Sendeplatz lenken hin zu Projekten und dann schauen, welcher Sendeplatz dann richtig ist. Das bedeutet für mich das Bild der Garage. Man holt sich die Leute rein, mit denen man etwas entwickeln möchte. Autoren. Kameraleute, die nicht Kameraleute sind im klassischen Sinn, sondern drehende Autoren. Man muss anfangen, aus den streng definierten Gewerken heraustreten. Wir wollen vom Netz her denken, nicht vom Sendeplatz.

Die Redaktion produziert auch Web-Dokus. Warum?

Bialk: Wir haben gerade zusammen mit “WDR Weltweit” und unserem Programmbereich Internet eine große Web-Doku in Arbeit - da bestimmt nicht mehr der Autor, welchen Weg der Betrachter geht. Die Web-Doku heißt: Wowillstduhin.de. Der Gedanke ist einfach. Wir begleiten Bahnreisende durch ganz Europa, nehmen die Netzstruktur vom Eisenbahnnetz und lassen den Zuschauer seine Reisen selbstbestimmt gehen. Er kann Menschen nach Moskau folgen und wenn es ihn da nicht interessiert, dann eben nach Paris.

Die Web-Dokus kann man aber nur im Netz sehen?

Bialk: Das Projekt ist vom Netz her gedacht, es wird aber auch vier Fernsehfilme geben, zwei bei uns und zwei bei “WDR Weltweit”. Wir kooperieren dabei ganz bewusst mit einer anderen Redaktion. Einmal, weil so Ressourcen besser genutzt werden können. Die Projekte werden unweigerlich größer und Kooperationen sind nicht nur sinnvoll, sie sind unerlässlich, um gemeinsam Kraft und Geld investieren zu können. Es ist aber auch sinnvoll, vom Redaktionskonkurrenzdenken zum Kooperationsdenken zu kommen und sich mit unterschiedlichen Sichtweisen zu bereichern.

Die Formatvielfalt verlangt aber auch andere Dramaturgien. Es wird sehr viel dokumentarisches Material gebraucht - wie geht das?

Bialk: Wir haben in diesem Fall sogar zwei getrennte Autorenpaare, die einen für die Fernsehfilme, die anderen für die Web-Doku.

Die Redaktion produziert schließlich auch Multimedia-Reportagen - mit welchem Ziel?

Bialk: Wir machen das seit einem halben Jahr. Es sind etwa 15 solcher Reportagen entstanden. Wir verfolgen dabei zwei Ziele. Zum einen wollen wir wissen, wie wir Leute erreichen, die sich einen klassischen Langfilm nicht anschauen. Können wir ein Angebot machen, dass sie wenigstens partiell mit dokumentierter Wirklichkeit in Berührung kommen? Zum zweiten wollen wir uns Kompetenzen an Land ziehen und uns in Netzdramaturgien ausprobieren. Bei unseren ersten Multimedia-Reportagen haben wir versucht, Fernsehdramaturgien auf diese Reportageform zu übertragen und sind damit tendenziell gescheitert. Unsere Dramaturgien funktionieren da gar nicht. Wir wissen jetzt immer noch nicht genau, was die richtige Netzdramaturgie ist, aber wir probieren aus.

In einer Multimedia-Reportage kommen Grafiken dazu, Verlinkungen, die ganze Technik - das sieht nach mehr Aufwand aus als eine normale 15-Minuten-Reportage, bei der die Arbeitsroutinen schon eingespielt sind und bei der Zeit, Manpower und Kosten kalkulierbar sind.

Bialk: Alle diese Formen sind das Gegenteil von Routine und von schematischer Produktion. Wir haben da schon gewisse Probleme im Umfeld eines Fernsehsenders, der regelorientiert aufgestellt ist. Meine Aufgabe ist es, diese Projekte aufzustellen, Diskussionen zu führen, nach den adäquaten Produktionsmitteln zu suchen, zwischen den Produktionen des Hauses und den von außen kommenden Anforderungen zu vermitteln, den Honorarrahmen zu durchforsten, wie man das abrechnen kann, die Teams zusammenzustellen, die vielleicht nur für ein Projekt zusammenkommen und nicht im Regelbetrieb da sind. Das macht den größten Teil meiner Arbeitszeit aus.

Das ist viel Organisation, Bürokratie. Sie sind doch eigentlich Filmemacher?

Bialk: Ich habe mir das Ziel gesetzt, neue bessere Rahmenbedingungen fürs Filmemachen herzustellen. Ich kann mich nicht damit abfinden, dass das Verhältnis von Dokumentarfilmproduzenten, Autoren und Fernsehsendern so bleibt wie in den letzten zehn Jahren, nämlich eher ein Verhältnis von Skepsis, Misstrauen und von nur partiellem Glück. Ich denke, dass man sich wechselseitig mehr zu sagen haben müsste.

Vermissen Sie nicht trotzdem etwas?

Bialk: Wenn man in seinem Leben einen Film gemacht hat, wird man eine Sehnsucht in sich tragen, so etwas wieder zu tun. Es ist ein ganz persönliches und intensives Erlebnis, durch dieses Brennglas Wirklichkeit wahrzunehmen. Deshalb drehen auch so viele Leute Dokumentarfilme. Reich wird man damit ja nicht und berühmt auch nicht. Meist macht man es für sich selbst. Aber leider hat die Art, in der in den letzten Jahren Filme gemacht wurden, viele unattraktive Nebeneffekte. Man muss so viel kämpfen, man ist häufig in einer schwierigen Position, man ist mit vielen Missverständnissen konfrontiert. Ich hab den Wunsch, das anders zu machen. Es kann aber sein, dass es mich in fünf Jahren wieder packt. Denn ich bin kein Strukturmensch. Ich bin weder Unternehmensoptimierer noch Controller noch Karrierist, das interessiert mich alles nicht. Mich interessiert, wie man es schafft, mit interessanten Leuten interessante Projekte auf die Beine zu stellen. Und das Fernsehen ist halt immer noch wichtig, ohne Fernsehen geht fast nichts, und ich weiß nicht, ob es besser ist, wenn Dokumentarfilmer einen Bogen um die Sender machen. Der Effekt ist, dass man teilweise weniger Spaß hat. Oder sagen wir besser: anderen Spaß.

Sie gehen also den langen Marsch durch die Institutionen?

Bialk: Ich will das nicht zu hoch hängen. Wir sind nur eine ganz kleine Redaktion, eine Mini-Einheit, sicher nicht Maßstab für irgendetwas. Aber ich merke, dass wir interessante Produktionen zustandekriegen und dass wir mit interessanten Leuten arbeiten, die auf dem freien Markt ganz schwer einen Fuß auf den Boden bekommen, obwohl sie tolle Regisseure und tolle Menschen sind. Mit diesen Leuten arbeiten wir zusammen. Das macht Spaß und ist sinnvoll.

Aus epd medien Nr. 49 vom 5. Dezember 2014 sowie: http://www.wolfsiehtfern.de/2014/12/jeder-kann-dokumentarist-werden/

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